Aktuell gibt es eine Vielzahl von Tweets und Videos mit Meinungen zu Risiken und Gefahren. Leider befassen sich die wenigsten mit den Fakten sondern eher mit Panikmache. Die Schwierigkeit liegt natürlich darin, dass die Konstruktionen sehr verschachtelt sind und die Akteure darüberhinaus weder transparent noch besonders vertrauenswürdig sind.
Fakt ist, dass die Digital Currency Group Inc. (DCG) als Muttergesellschaft sowohl von der Genesis Global Trading Inc. (GGT) als auch von Grayscale einen hohen Kapitalbedarf hat, da die Tochtergesellschaft der GGT, die Genesis Global Capital LLC (GGC) als Verleiher die Rückzahlung von Krediten ausgesetzt hat.. Ob es nur eine, 1,5 Milliarden Dollar oder gar noch mehr sind, kann außer deren Vorstand vermutlich niemand so genau wissen.
Ich will versuchen mit ein paar Fakten etwas Licht ins Dunkel zu bringen - wohl wissend, dass auch dies nur Mosaiksteine des Gesamtbildes sind:
Alle bisher genannten Gesellschaften sind im US-Bundesstaat Delaware registriert, so dass man hinsichtlich der Firmenstrukturen etwas mehr Klarheit als in anderen Off-Shore-Konstruktionen gewinnen kann. Was wir aber nicht wissen ist, ob und welche Garantien von Seiten GGT oder DCG für die in Schwierigkeiten steckende GGC abgegeben wurden. Wegen des angekündigten Kapitalbedarfs bei DCG steht zu befürchten, dass die DCG aber "irgendetwas" garantiert hat.
Die große Frage, die sich der Kryptomarkt stellt, ist nun, ob Grayscale ggf. liquidiert werden könnte und somit auf BTC und ETH extremen Verkaufsdruck auslösen könnte. Es gibt eine ganze Reihe von Grayscale Produkten
Wie man sieht, ist das Gesamtvolumen erheblich und allein der Bitcoin Trust GBTC mit 80 Mrd. Dollar Rücknahmepreis (Net Asset Value) ein Schwergewicht. Das Problem liegt aber darin, dass der Marktwert der Bitcoins in dem Trust über 140 Mrd. Dollar beträgt, da am Markt die Trust-Anteile nur mit einem Abschlag bewertet werden, der sich in letzter Zeit stetig ausgeweitet hat.
Kann also die DCG nun die Trusts liquidieren um ihren eigenen Finanzbedarf zu decken?
Die einzelnen Trusts sind keine Tochtergesellschaften von Grayscale Investments LLC sondern "Delaware Statutory Trusts". Im Gegensatz zu der wilden FTX-Offshore-Konstruktion sind diese Trust nach amerikanischem Recht aufgebaut. Den Anteilseignern dieser Trusts gehört jeweils ein kleiner Anteil des Gesamtvermögens.
Da man natürlich nicht für jede Transaktion eine Abstimmung der Eigner durchführen kann, gibt es drei Organe in jedem Trust:
1) Sponsor
2) Custodian
3) Authorized Participant(s)
Grayscale Investments LLC ist als "Sponsor" berufen.
Coinbase Custody Trust Company LLC, eine Tochtergesellschaft der börsennotierten und voll regulierten Coinbase, wurde als "Custodian" , also als treuhänderischer Verwahrer der Bitcoins berufen.
Grayscale Securities LLC ist aktuell der einzige berufene Authorized Participant.
Die nachstehende Grafik verdeutlicht die Struktur
Der Sponsor, also die Grayscale Investment LLC (GI) hat die Aufgabe des Marketings, der Veröffentlichung der Finanzdaten und ggf. Ausgabe neuer Trustanteile. Für diese Aufgaben erhält GI rund 2 Prozent Gebühren jährlich - bei dem Volumen ein lukratives Geschäft.
Die DCG-Tochter GI hält oder transferiert aber keine BTC oder ETH und könnte sie daher nicht einmal widerrechtlich verleihen!
Die Grayscale Securities LLC (GS) als "Authorized Perticipant" führt die Krypto-Kauf- und Verkaufstransaktionen durch, sendet die Assets aber unmittelbar an den Custodian, hält aber auch keine BTC oder ETH!
Die Coinbase Custody Trust Company LLC (CCTC) hat die Aufgabe, diese Krypto-Asset sicher zu verwahren. Das amerikanische Recht erlaubt es dem Verwahrer nicht, Assets an Dritte auszuleihen.
Für Irritationen hat gesorgt, dass sich die CCTC "aus Sicherheitsgründen" geweigert hat, den Nachweis an Hand von Wallet-Adressen zu liefern. Der Custodian muss alle Coins in "cold storage" mit nicht mehr als 100 Million pro Adresse und die "private keys" für die Trust-Eigner sicher verwahren.
Die CCTC hat zwar nur eine Versicherung über 320 Millionen Dollar (Ende des Geschäftsjahres 2021), was aber angesichts der Verpflichtung zum "cold storage" der Assets meines Erachtens auch nicht erforderlich ist, zumal die Höhe der einzelnen Wallets ebenfalls begrenz ist.
Da die Kryptos auch weder verliehen noch gehebelt werden dürfen, sollte das Risiko gering sein.
Ein Verstoß gegen diese Vorschriften würde die Muttergesellschaft Coinbase mit einem Börsenwert von vielen Milliarden Dollar in den Ruin stürzen, und ist daher meines Erachtens sehr unwahrscheinlich.
Ein Blockchainexperte @ergoBTC hat versucht den Bestand durch eine forensische Blockchainrecherche zu verifizieren und danach sieht es tatsächlich so aus, als wären die Krypto vorhanden.
Illiegale Transaktionen auf Seiten der Grayscale um das Finanzloch bei Genesis zu stopfen, sind daher m.E. sehr unwahrscheinlich.
Allerdings besitzt die DCG selbst knapp 5 Prozent der GBTC-Trustanteile. Hier könnte man sich in einer Notlage einen Verkauf vorstellen. Selbst eine "kreative Buchführung" indem die GBTC-Anteile nicht mit ihrem Börsenwert sondern dem NAV des Bitcoinbestandes bewertet und dann im schlimmsten Fall noch gehebelt werden, erscheinen im Worst Case Szenario möglich, sollten aber keinen Verkaufsdruck durch die Trust-BTCs oder ETHs auslösen.
Aufgrund der hohen Gebühren, die GI aus dem Trust vereinnahmt, erscheint eine unmittelbare Insolvenz von Grayscale Investment höchst unwahrscheinlich. Denn nur in diesem Falle könnte eine Liquidation des Trusts erfolgen - falls er nicht durch ein Mehrheitsvotum der Anteilseigner durch Berufung eines neuen Sponsors abgewendet würde. Aufgrund solcher langwierigen Verfahrenregelungen kann man in den nächsten Monaten aber auch in diesem worst case einen Verkauf von BTC und ETH ausschliessen.
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