Als Kunde von Servicedienstleistern wie Lock und Cake bin ich überwältigt von der großen Transparenz gegenüber zentralen Plattformen. Ich kann Blockchain-Adressen mit Einzahlungen, Masternodeadressen und/oder Merkletrees überprüfen.
Damit kann ich mir sicher sein, dass meine Coins auch tatsächlich dort sind – ein großer Fortschritt.
Aber ist Transparenz nicht mehr als die Sicherheit, dass meine Coins nicht auf einem privaten Wallet der Anbieter landen?
Die etablierte Finanzindustrie hat sich jahrelang gegen einheitliche Kostenberechnungen gesträubt und nur zaghaft die tatsächlichen jährlichen Kosten offen gelegt.
Aber was ist mit unseren Blockchain-Dienstleistern; wie gehen die mit den uns berechneten Kosten um?
Schauen wir uns einmal die Angaben von Lock an:
„Derzeit gibt es lediglich eine Gebühr von 5,55% auf Staking Rewards und 19,9% auf Yield Machine Rewards. Diese Gebühren sind jedoch theoretisch, da Benutzer einen festen Betrag an ausgezahlten Zinsen erhalten (feste APY). Es gibt also keine schwankenden Zinsen, sondern das Einkommen aus LOCK schwankt je nach Höhe der erhaltenen Rewards. Bitte werfen Sie einen Blick auf unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen für einen detaillierten Überblick über die Gebührenstruktur von LOCK für das Staking und die Yield Machine.“
Das hört sich doch gut an: beim Staking nur 5,55 % Gebühren und Lock trägt auch noch das Risiko schwankender Erträge.
Wenn ich aber die Durchschnittsrendite meiner eigenen Masternodes vergleiche, ergeben sich ganz andere Abweichungen. Merkwürdig, oder? Was sagen denn nun die AGBs:
Variable Gebühren, abhängig von der Menge der durch LOCK generierten Rewards. Ein fester und effektiver Staking APR/APY, wie in der LOCK-Anwendung angezeigt, wird dem Benutzer ausgezahlt.
Was denn nun? Variabel oder 5,55 Prozent? Ich habe dann mal bei Lock nachgefragt:
„Hallo Jonas, habt Ihr irgendeine Seite auf der man Eure Stakingrenditen nachvollziehen kann? Ich verstehe nach wie vor nicht, wie Eure Masternodes nur 10,7 % erwirtschaften. Wenn ich die 5,55 % Gebühren berücksichtige, dürfte Eure Brutto-Rendite bei nur 11,33 % liegen. Da Ihr meines Wissens nach auch über MyDefiChain hostet kann ich den Unterschied zu rund 15 % bei meinen eigenen MN nicht erklären. Die Diskrepanz ist einfach zu groß um sie mit Schwankungen durch Ein- und Auszahlungen zu erklären.“
Der Lock-Chef antwortete darauf:
„Hi Ralf, Das spielt beim derzeitigen DFI Preis keine Rolle. Das wir keine großen Umsätze machen ist jedem klar, kann sich jeder schnell ausrechnen. Wichtig zu verstehen ist hier, dass wir den ganzen Service als Unternehmen betreiben und nicht als Privatinvestor, wodurch der Kostenapparat viel grösser ist. Im folgenden GSheet kannst du alle unsere Masternodes einsehen und darüber die Rewards für jede MN verfolgen:“
Die Aufstellung beinhaltete dann alle Masternodes – Transparenz? Na ja, wenn ich mich jetzt hinsetzen würde und alle 800+ Masternodes kontrollieren, die Erträge auflisten und einen Durchschnitt berechnen würde, hätte ich die korrekten Bruttoeinnahmen.
Da mir die Computer/Programmier- und Blockchainskills fehlen, das automatisiert zu machen, weiß ich leider immer noch nicht, wie hoch die wirklichen Kosten sind.
Ich habe daher noch einmal nachgefragt:
„Lass mich nochmal nachfragen: Ihr nehmt also nicht 5,55 % der Masternode-Erträge, sondern zieht erst alle internen Kosten ab, denn MyDefiChain ist ja kostenfrei durch CFP, und nehmt dann die 5,55 % als Reingewinn. Sehe ich das so richtig?“
Als „Antwort“ kam darauf:
„MyDeFiChain ist nicht kostenfrei, sie schicken uns fleißig Rechnungen pro Monat Quartal.
Das ganze ist mit 5.55% Gebühr kalkuliert. Das schwankt natürlich, weil die MNs nicht immer gleich viel Rewards abwerfen, wir aber fixe Rewards an unsere Kunden auszahlen. Das Einnahmenrisiko liegt also voll bei LOCK."
Es gibt also keine konkrete Antwort, wie hoch die Kosten denn nun tatsächlich sind. Ist das Transparenz?
Die wahre Kostenquote manuell zu berechnen ist mir bei über 800 Masternodes viel zu aufwendig, so dass ich meine Durchschnittserträge aus rollierenden 30 Tage-Perioden (zwischen 14,6 und 15,4 %) genommen habe:
bei 14,6 Prozent APR – Locks aktuelle Rendite ist 10,7 Prozent APR >>> daraus ergeben sich reale Kosten von 3,9 Prozentpunkten oder umgerechnet mindestens
26,7 Prozent.
Bei 15,4 Prozent APR – Locks aktuelle Rendite ist 10,7 Prozent APR >>> daraus ergeben sich reale Kosten von 4,7 Prozentpunkten oder umgerechnet
30,5 Prozent.
Statt dessen „Gebühren von nur 5,55 %“ auszuweisen, ist in meinen Augen eher irreführend als transparent. Da ich Lock zutraue, diese Gewinne als seriöser Kaufmann zu kalkulieren, wird man die Blockchainerträge vom unteren Ende der Spanne nehmen, so dass die „von Lock getragenen Schwankungen“ den Netto-Gewinn also eher auf 9,3 Prozent erhöhen dürften.
Eine Netto-Gewinnmarge von 5,55 % - und das sind die „Gebühren“ wohl – ist in meinen Augen durchaus angemessen, aber sind es nur 5,55% ? Ich weiß es nicht und kann es trotz aller „Transparenz“ auch nicht nachvollziehen.
Cake weist nicht einmal eine APR aus. Hier wird nur die APY von 10,78 % ausgewiesen, was einen Vergleich zusätzlich erschwert. Ohne hier genau zu berechnen (was mangels Informationen ohnehin nicht korrekt möglich ist) kann man sagen, dass die Kostenquote hier noch höher ist. Auch bei Cake kann ich die einzelnen Masternodes nachprüfen, aber Cakes Aussage „Cake bestimmt nicht die Höhe der APY“ ist ebenfalls nicht wirklich wahr.
All diese Angaben (außer meiner eigenen Rendite und den Aussagen auf den Webseiten und den Antworten auf meine Nachfragen) kann ich nicht belegen und sie mögen in Wirklichkeit höher oder niedriger sein, aber genau das unterstützt meinen Ansatz, dass wir zwar viele Daten bekommen, aber Transparenz doch noch etwas anderes ist, oder sehe ich das zu verbissen?
Vielleicht fängt ja ein Anbieter mit Transparenz 2.0 an?
Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Die angebotenen Services sind gut und wichtig, denn sie ermöglichen es auch Kleinanlegern, die sich keine volle Masternode leisten können, Renditen aus dem Staking zu erzielen.
Auch aus steuerlichen Gründen kann es sinnvoll sein, trotz der hohen Kostenquoten die Dienste der Anbieter in Anspruch zu nehmen, da es zum Beispiel in Deutschland nicht zur Gewerblichkeit kommt.
Auch die Anbieter sollen ihr Auskommen haben und angemessene Gewinnmargen erzielen – Ich wünsche mir nur mehr Offenheit hinsichtlich der tatsächlichen Kosten.
Comments